Forstwirtschaft zwischen Hoch und Tief: ermunternde Marktsignale und fragliche politische Rahmenbedingungen

Presseaussendung 31.März 2022

Forstwirtschaft zwischen Hoch und Tief: ermunternde Marktsignale und fragliche politische Rahmenbedingungen

Wien, am 31. März 2022

Land&Forst Betriebe Österreich ziehen Bilanz und fordern Überarbeitung einseitiger (EU-)Politiken!
Die Land&Forst Betriebe Österreich ziehen in ihrer traditionellen jährlichen Wirtschaftspressekonferenz Bilanz und halten fest: Klimawandel, langanhaltende Trockenheit und massiv steigende gesellschaftliche Ansprüche sind eine laufende Herausforderung, aber zumindest die aktuell verbesserten Marktbedingungen machen ein wirtschaftliches Überleben der heimischen Betriebe möglich. Kopfzerbrechen bereiten allerdings die vielen widersprüchlichen und einseitigen politischen „Projekte“ in Brüssel und deren Diskussion und Umsetzung in Österreich.

„Das Jahr 2021 war für die heimische Forstwirtschaft nach vielen Jahren der Entbehrungen - trotz Corona und fortwährendem Besucherdruck - endlich wieder ein „normales“ Jahr. Die Erholung der Holzpreise, die gestiegene Nachfrage nach dem Rohstoff Holz und eine deutliche Reduktion an Schadholz ließen die heimischen Waldbewirtschafter wieder etwas aufatmen. So konnten auch die notwendigen Investitionen in die forstliche Infrastruktur und in die waldbaulichen Maßnahmen angegangen und Liquiditätsengpässe überwunden werden“, eröffnet DI Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich die Pressekonferenz.

Holzeinschlag – endlich wieder mit deutlich weniger Schadholz
2021 betrug die österreichische Gesamt-Holzernte 17,8 Millionen Festmeter, das sind rund 1 Million mehr als noch 2020. Besonders erfreulich hierbei: aufgrund eines kühlen Frühjahrs und keiner größeren Sturmereignisse ging 2021 der Schadholzanteil auf rund 3,4 Millionen Festmeter – dies entspricht 19 Prozent des Gesamteinschlages – deutlich zurück und pendelte sich somit auf dem Niveau der Jahre 2012/2013 ein. Das kommt einer Reduktion von 70 Prozent gegenüber 2019 gleich. In den Borkenkäferhotspots in OÖ und NÖ halbierte sich die Schadholzmenge. Auch in den Nachbarländern hat sich die Schadholzsituation 2021 deutlich entspannt.

Außenhandelsbilanz 2021
Österreich importierte 2021 insgesamt 11,1 Millionen Festmeter Rundholz und somit um 12 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Hauptimportländer waren Deutschland und Tschechien. Der Schnittholzexport lag hingegen bei 6,15 Millionen Festmeter und somit knapp 1 Prozent über dem Vorjahreswert. Italien blieb auch 2021 der Hauptexportmarkt: 45 Prozent gingen ins südliche Nachbarland, gefolgt von Deutschland mit knapp 19 Prozent. Die Gerüchte, wonach der amerikanische Markt das gesamte verfügbare Holz aufkaufen würde, bewahrheiteten sich nicht: lediglich 172.000 Kubikmeter Holz wurden in die USA geliefert.

Holzpreise endlich wieder mit positivem Trend
Der Jahresdurchschnittspreis für Nadelsägerundholz hat sich im Vorjahr deutlich verbessert. Während der Preis 2020 bei nur 72,80 Euro lag, steigerte sich dieser 2021 auf 100,50 Euro und erreichte damit nominell das Niveau aus dem Jahre 2013. In realen Werten hätte allerdings ein Preis von 113 Euro erreicht werden müssen. Beim Nadelindustrieholz hat sich der Markt erst Ende 2021 etwas belebt und konnte letztendlich die 30 Euro-Marke überschreiten. Trotzdem büßt das Industrieholz für die Waldbesitzer weiter an Attraktivität ein und diese versuchen daher, durch waldbauliche Maßnahmen weniger Industrieholz zu produzieren.

„Wir freuen uns über die positiven Preisentwicklungen, denn wir brauchen angemessene Marktpreise für unser Holz, um wieder planbar und nachhaltig wirtschaften zu können. Denn die österreichischen Waldbesitzer standen die letzten Jahre massiv unter Druck!“, macht der Verbandspräsident auf die Situation der Forstwirtschaft aufmerksam.

Massive Kostensteigerungen auch für die Forstwirtschaft
Schon in den ersten Monaten des laufenden Jahres sah sich auch die heimische Forst- und Holzwirtschaft mit massiven Kostensteigerungen, verursacht durch knappe Lagerstände und mangelnde Verfügbarkeit, konfrontiert. Dies besonders bei der Holzernte, den Betriebsmitteln und bei Maschinen und Geräten. Das trübt die grundsätzlich erfreulichen Marktprognosen deutlich und schränkt die ambitionierten Strategien der Waldbesitzer ein, ihre Wälder durch Aufforstung- und Pflegemaßnahmen klimafit für die Zukunft zu gestalten.

Wetter bleibt weiter ein Thema
„Leider entwickeln sich der Osten und Westen Österreichs wettertechnisch immer mehr auseinander. Während im Westen noch immer sehr viel Schnee liegt und mit den notwendigen Forstarbeiten nicht begonnen werden kann, vertrocknen im Osten die Wälder. Wir hoffen daher auf eine Wiederholung der Großwetterlage des letzten Jahres, wo sich die Niederschläge im Frühsommer wieder stabilisiert haben. Sollte dies nicht eintreffen, so müssen wir heuer wieder mit einem deutlichen Anstieg der Borkenkäferkalamitäten und einem weiteren Anstieg an Waldbränden rechnen“, so Montecuccoli zur aktuellen Situation. Und weiter: „Sollte es wirklich wieder zu Großkalamitäten wie 2017-2018 kommen, so empfehlen wir den Waldbesitzern das Holz langfristig sachgerecht einzulagern, um damit die Qualität und den Wert zu erhalten.“

Sorgen um politische Rahmenbedingungen
Besorgt zeigen sich die Land&Forst Betriebe Österreich vor allem aber auch über die widersprüchlichen  politischen „Projekte“ in Brüssel. So mahnt Felix Montecuccoli:  „Die EU hat zwar keine vergemeinschaftete Wald- und Forstpolitik, greift aber seit einigen Jahren immer stärker mit Vorgaben, Auflagen und Einschränkungen in die Waldbewirtschaftung ein. Wir sehen hier eine klare Kompetenzüberschreitung der EU-Kommission. Durch die Regulierungswut entstehen Zielkonflikte und widersprüchliche Strategien, die eine nachhaltige, integrierte Forstwirtschaft, wie wir sie seit Generationen in Österreich kennen und betreiben, nahezu unmöglich macht.“
Und auch zum „Green Deal“ äußert sich Verbandspräsident Montecuccoli klar: „ Wir erwarten uns von der Europäischen Kommission und der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, zu nachwachsenden Rohstoffen, zu erneuerbarer Energie und eine Absage an Pläne, umfangreiche Waldflächen für die Holzernte zwingend stillzulegen. Die Umsetzung des „Green Deal“ muss überdacht und an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden.“

Energiewende mit aktiver Holzbewirtschaftung
„Die geforderte Energiewende ist ein wesentlicher Teil des Klimaschutzes. Wir brauchen keinen Laien-Klimarat, der weitere neue Klimaziele ersinnt, sondern wir müssen endlich in die Umsetzung kommen!“, ist Montecuccoli über die Vorgehensweise der politisch Zuständigen enttäuscht.
Die heimische Forstwirtschaft verfügt über ein erhebliches Potential an Energieholz. Nun geht es auch darum, dieses Energiepotential durch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung entsprechend zu nutzen, sei es durch den Rohstoff Holz selbst als auch durch Photovoltaik und Windkraft auch in den Wäldern.

Nationale Biodiversitätsstrategie
Kritik äußert Felix Montecuccoli auch an der noch in Verhandlung befindlichen Biodiversitätsstrategie, die die österreichischen Rahmenbedingungen und Vorleistungen vielfach völlig außer Acht lässt. „Mit den zum Teil sehr einseitigen Vorschlägen gefährdet man die Erreichung der Klimaziele, die Wertschöpfung im Land und die vielfachen Ökosystemleistungen. Im Forstgesetz ist der Schutz der Biodiversität bereits seit Jahrzehnten fest verankert. Angesichts des Klimawandels braucht es nun aber dynamische Ansätze, um eine Anpassung der Lebensräume an die Veränderungen gewährleisten zu können. Dynamische Ansätze sind aktives Waldmanagement und eine nachhaltige Bewirtschaftung der Natur“, erläutert der Forstexperte und ergänzt: „Richtig ist es, die heimische Natur im Rahmen der strengen gesetzlichen Standards in nachhaltiger Art und Weise zu nutzen und gleichzeitig damit den Artenschutz zu fördern und zu bewahren. Falsch sind hingegen Holz- und Rohstoffimporte aus nicht vertrauenswürdigen Ländern. Dies führt zur Verlagerung in Regionen mit niedrigeren – auch ökologischen – Standards und schwächt den Artenschutz dort, aber auch hier.“

Forderung nach einer forcierten Bioökonomie-Umsetzung
Die Land&Forst Betriebe Österreich fordern eine rasche Implementierung einer echten Bioökonomie in Österreich. Die Bioökonomie-Ziele müssen endlich forciert angegangen werden, um die Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Energieträgern zu reduzieren, einen zeitnahen Ausstieg aus Fossilen zu schaffen und damit eine Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben. Felix Montecuccoli dazu: „Die bisherigen Maßnahmen greifen eindeutig zu kurz. Es wurde sogar die zuständige Abteilung im Bundesministerium im Herbst 2021 aufgelöst! Wir haben daher den Eindruck gewonnen, dass die zuständige Umweltministerin jegliches Interesse an der Bioökonomie verloren hat.“

Kohlenstoff-Thematik: Abgeltung für Waldbesitzer
Abschließend hält der Verbandspräsident zur aktuellen Diskussion um die Nutzung und Speicherung von CO2 Folgendes fest: „Wir dürfen nicht so tun, als könnten wir weiterhin unbeschränkt fossilen Kohlenstoff in die Atmosphäre pumpen und im Holz unserer Wälder wieder unschädlich machen. Um die Umweltsünden der letzten 150 Jahre abzufedern, muss in den nächsten Jahrzehnten vermehrt atmosphärischer Kohlenstoff wieder durch Pflanzen sequestriert werden. Das kann aber nur eine Lösung sein, wenn wir gleichzeitig zu einer Bioökonomie auf Basis nachwachsender und erneuerbarer Rohstoffe und Energieträger zurückkehren. Eines steht auf jeden Fall fest: Kohlenstoffbindung im Wald ist eine Managementleistung der Forstwirtschaft und gehört dem Waldbesitzer abgegolten.“