Land- und Forstwirtschaft als erste vom Klimawandel betrfoffen

Presseaussendung 9. Mai 2019

Land&Forst Betriebe Österreich ziehen Bilanz und sehen großes Zukunftspotential in Bioökonomie

Land- und Forstwirtschaft als erste vom Klimawandel betroffen

Wien, am 9. Mai 2019

Die heimischen Betriebe stehen im Umfeld von Klimawandel, Kalamitäten und steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen vor großen Herausforderungen. In einer nachhaltigen Bioökonomie steckt viel Zukunftspotential, um die Klima- und Energiewende jetzt anzugehen.

Das Jahr 2018 geht als wärmstes Jahr der 252-jährigen Messgeschichte in die Geschichte ein. Die Hitzeperiode und langanhaltende Trockenheit führten im Osten, Südosten und Norden von Österreich zu Schäden in der Land- und Forstwirtschaft. Der Süden war von Starkregen und Stürmen betroffen. Diese Klimaextreme sind eine große Herausforderung für die heimischen Land- und Forstwirte, denn sie sind unmittelbar und als erste von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen.

Holzeinschlag - Rekordmenge an Schadholz

Der Holzeinschlag 2018 betrug insgesamt 19,2 Millionen Festmeter, das sind um fast 9 Prozent mehr als 2017. Die Schadholzmenge hat dabei einen neuen Rekordwert von rund 10 Millionen Festmeter erreicht. Diese Menge setzt sich zusammen aus einer noch nie dagewesenen Menge an Borkenkäferholz in der Höhe von 4,3 Millionen Festmeter, 5 Millionen Festmeter Schadholz aus Sturm-, Eis- und Schneeschäden sowie 0,63 Millionen Festmeter sonstige Schäden.

Besonders in den Kerngebieten des Borkenkäfers (nördlich der Donau, Burgenland, Südsteiermark) konzentrierte sich der Einschlag 2018 auf die Ernte des Käferholzes. Am Jahresende verursachte Sturm Vaia zusätzlich einen massiven Windwurf mit 1,7 Millionen Festmeter Schadholz in Kärnten, Osttirol und der Steiermark. Das Sturmausmaß in Italien, Österreich, Slowenien und der Schweiz beläuft sich auf insgesamt 17 Millionen Festmeter. Damit verursachte Vaia die zehntgrößte Windwurfmenge der vergangenen 30 Jahre.

Importe steigen

Österreich importierte 2018 rund 7,3 Millionen Festmeter Nadelsägerundholz, das sind um 19 Prozent mehr als 2017. Hauptimportländer waren Tschechien und Deutschland. Der Schnittholzexport konnte auf 6,1 Millionen Festmeter bzw. um 9 Prozent ausgebaut werden. Die wichtigsten Märkte sind Italien, Deutschland, Slowenien und der asiatische Raum.

Holzpreise

Der Jahresdurchschnittspreis für Nadelsägerundholz sank 2018 im Vergleich zu 2017 von 89,6 Euro auf 85,6 Euro pro Festmeter. Seit Beginn des Jahres 2018 sank der Nadelsägerundholzpreis kontinuierlich – von 89,8 Euro im Jänner auf 80,6 Euro im Dezember, und hat somit binnen eines Jahres um 9 Euro nachgegeben. Im Vergleich dazu lagen die Durchschnittspreise 2013/2014 noch bei rund 98 Euro. Der Jahresdurchschnittspreis für das Industrieholz blieb unverändert auf rund 36 Euro je Festmeter. Beim Laubsägerundholz (Buche) pendelte sich der Preis auf rund 82 Euro über das Jahr ein.

Klimawandel arbeitet gegen Land- und Forstwirtschaft

Nachdem bereits die letzten drei Jahre in Folge borkenkäfergeplagt waren, besteht die Sorge, dass es auch 2019 zu Belastungen kommt. Die Wasserversorgung der Böden in den Hauptschadensgebieten ist besorgniserregend. Im Weinviertel hat der erste Borkenkäferflug heuer bereits am 8. April stattgefunden.

„Einer gesunden Fichte können Borkenkäfer nichts anhaben, denn mit der Produktion von Harz wehrt sie Schädlinge ab. Doch der Klimawandel setzt der Fichte zu – sie ist gestresst und anfällig und somit ein gefundenes Fressen für den Borkenkäfer. Der Klimawandel verlangt eine aktive Waldwirtschaft – die Forstwirtschaft denkt in Generationen und setzt alles daran, unsere Wälder klimafit zu machen und für Generationen zu erhalten“,

so DI Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich.

Anfang des Jahres 2019 kam es aufgrund der enormen Schneemengen zusätzlich zu einem Schneebruch im Westen und im Zentralraum. Im März zog Sturmtief Eberhard über Mitteleuropa und verursachte abermals Windwürfe. Tatsache ist: Der Klimawandel arbeitet gegen die Land-und Forstwirtschaft.

Für die Aufrechterhaltung der vielfältigen Waldleistungen für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft braucht es die Unterstützung von Politik und Gesellschaft.

„Wir benötigen Unterstützung in der Logistik, Ausbau der Lagermöglichkeiten, Forschung und Züchtung von klima- und schädlingsresistenten Pflanzen und auch die Entwicklung und Zulassung von aktiven Bekämpfungsmaßnahmen gegen Schadorganismen. Nur so kann der heimische Wald für die aktuellen Herausforderungen wie Klimawandel, Schädlingskalamitäten oder gesellschaftlichen Ansprüchen klimafit und enkeltauglich gemacht werden“,

fordert Montecuccoli.

Landwirtschaftliche Bilanz 2018

Die Landwirtschaft war 2018 im Nordosten und Westen mit enormer Trockenheit und im Süden und Südosten mit massiven Regenfällen und Hagelschäden konfrontiert. Schädlinge wie Rübenrüsselkäfer, Drahtwurm oder Stolbur fanden aufgrund der Trockenheit eine günstige Ausgangslage. Der klimatisch bedingte Gesamtschaden für das Jahr 2018 beträgt 270 Millionen Euro.

„Auch heuer ist die Ausgangssituation für die aktuelle Ernte wieder denkbar schlecht. Trockenheit und ein relativ milder Winter haben zu hohem Insektendruck geführt, der die Rübenbauern bis jetzt am härtesten getroffen hat. Der Wassermangel im nördlichen Burgenland, Wein- und Waldviertel droht zu massiven Ernteausfällen zu führen“,

so Zeno Piatti-Fünfkirchen, MMSc, Vizepräsident der Land&Forst Betriebe Österreich.

„Betriebsexistenzen stehen zunehmend auf dem Spiel, denn auch die resilientesten Betriebe können bei dauerhaften Einkommenseinbußen wirtschaftlich nicht mehr überleben. Dem steht zusätzlich eine politische Realität – der Kommissionsvorschlag sieht eine Kürzung um reelle 15 Prozent vor – gegenüber, die viele Betriebe in den Ruin treiben würde“,

so Piatti-Fünfkirchen weiter.

Lösungsansatz Bioökonomie

„Eine Antwort im Kampf gegen den Klimawandel ist der Ausbau der Bioökonomie. In ihr steckt enorm großes Zukunftspotential. Aktuell leben wir alle auf Kosten der Natur, der Umwelt und der Zukunft unserer Kinder. Wir müssen dringend – sprich jetzt – gegensteuern. Fossile Rohstoffe sind die Hauptursache des Klimawandels, deshalb muss das fossile Zeitalter endlich ein Ende haben. In der Bioökonomie stecken viele Lösungsansätze und die heimischen Land- und Forstwirte sind bereit hier mitzuwirken – sie haben das Know-how und den Grund und Boden dafür. Es braucht aber ambitionierte politische Rahmenbedingungen für die Bioökonomie und eine gelebte Energiewende“,

appelliert Montecuccoli die Energiewende nun endlich anzugehen.

Es sind die heimischen Land- und Forstwirte, die die nachwachsenden Rohstoffe – Fasern, Stärke, Öl, Zucker, Proteine – für die Erzeugung von Produkten des täglichen Lebens zur Verfügung stellen. Sie sind die Rohstofflieferanten für eine neue nachhaltige Bioökonomie. Für die passenden Rahmenbedingungen ist jedoch die Unterstützung der Politik notwendig:

„Flexibilität ist gefordert! In der nächsten Programmperiode 2021-2027 müssen in der GAP und anderen Fonds jegliche nachhaltige Flächennutzung abgebildet sein, die zum Ziel der Bioökonomie beiträgt. Diese Programme müssen Ansätze für nachhaltige Flächennutzung bieten“,

fordert Montecuccoli. Bioökonomie bietet zudem großes Potenzial für die Stärkung des ländlichen Raums, so kann dieser an Bedeutung, Wertschöpfung, Arbeitsplätzen und neuen Märkten dazugewinnen.

Aktuelle Entwicklung in der GAP

Bei den aktuellen Diskussionen um die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 muss für Österreich klar sein: Eine zukunftsfähige Entwicklung des ländlichen Raumes und seiner Flächen braucht vor dem Hintergrund der heutigen Herausforderungen wie Klimawandel und Schutz natürlicher Ressourcen mehr denn je eine effektive Gemeinsame Agrarpolitik der EU und stabile Unterstützung durch die Gesellschaft auf allen Ebenen.

„Das vorgestellte Budget ist für die Land- und Forstwirtschaft inakzeptabel, denn eine ökologisch orientierte flächendeckende Familienlandwirtschaft wird von ganz Europa als wichtig anerkannt. Dafür muss auch Österreich von seiner Position abrücken und über den Mehrjährigen Finanzrahmen mehr Geld für die Gemeinsame Agrarpolitik zur Verfügung stellen. Falls die Verhandlungen zu Kürzungen führen, müssen jedenfalls die von der Europäischen Kommission (EK) vorgeschlagenen Kofinanzierungssätze voll ausgenützt werden. Denn nur so kann eine für die Landwirtschaft äußerst gefährliche Situation vorerst entschärft werden“,

appelliert Vizepräsident Piatti-Fünfkirchen an Politik und Gesellschaft.

Das von der EK vorgeschlagene Leistungsmodell ist eine revolutionäre Chance, die undurchschaubaren und unerträglichen Auflagen für die Landwirte praktikabler zu gestalten. Die momentane Stringenz in der Kontrolle und Unverhältnismäßigkeit in Sanktion hat ein Angstklima erzeugt, das nicht mehr zumutbar und der Erreichung der GAP Ziele hinderlich ist.

Eine GAP, die Einkommen ermöglicht

„Landwirtschaftliche Betriebe – egal ob am Berg oder im Tal, groß oder klein, im Westen oder im Osten – haben massive Einkommensprobleme. Der Grund: Ihre Produkte – ob Milch, schöne Landschaft oder Kartoffel – sind wertvoll, haben aber keinen Preis. Viele Produkte der landwirtschaftlichen Tätigkeiten werden heute entweder fast oder vollkommen gratis der Gesellschaft zur Verfügung gestellt – Stichwort „Ecosystem Services“. Die GAP als politisches Regulativ muss diesen Missstand berücksichtigen“,

erklärt Piatti-Fünfkirchen.

Bis dato hat die Ernährungsversorgungssicherheit der europäischen Bevölkerung als prioritäres Gut gegolten, das daher entweder über Mindestpreise oder Direktzahlungen abgegolten wurde.

„Der jetzige Vorschlag erkennt diese Realität nicht mehr und das Einkommensproblem ist weiterhin vorhanden bzw. wird sogar verschärft. Die Zahlungen werden zusätzlich an Umweltbedingungen geknüpft oder erst bei der Teilnahme an Umweltprogrammen ermöglicht. Grundsätzlich ist dies auch legitim, denn es verknüpft wichtige Politikbereiche und versucht den zahlreichen Umweltproblemen, von denen wir betroffen sind, Rechnung zu tragen. Es ist jedoch notwendig, dass diese Zahlungen auch einkommenswirksam sind, das heißt, sie müssen weit über den mit den Maßnahmen verbundenen Kosten liegen“,

so Piatti-Fünfkirchen weiter.

Je größer ein Betrieb ist, desto mehr Leistungen werden ihm abverlangt und desto mehr Kosten hat dieser. Auftretende Skaleneffekte müssen natürlich berücksichtigt werden, dass darf aber immer nur auf wissenschaftlicher Basis passieren. Capping und Obergrenzen wären diesbezüglich auf nationaler Ebene ein kontraproduktives Instrument, das zu einer Schwächung der Haupterwerbsbetriebe führen und im Gegenzug niemanden helfen würde. Eine solche rein populistische Maßnahme wird strikt abgelehnt.

„Der aktuelle GAP-Vorschlag hat konkrete Ziele und Maßnahmen, über deren genaue Ausgestaltung noch diskutiert werden muss. Klar ist aber – nur wenn dieses Gerüst mit ausreichenden Mitteln und politischem Willen ausgestattet ist, können wir auch einen Beitrag dazu leisten, dass der Zustand unserer Lebensgrundlagen 2027 ein besserer sein wird“,

zeigt sich Piatti-Fünfkirchen zuversichtlich.