Fachexkursion

Risikomanagement und Kohlenstoffspeicherung unter dem Blickwinkel verschiedener Bewirtschaftungskonzepte

Fachexkursion 23. September 2020

Risikomanagement und Kohlenstoffspeicherung unter dem Blickwinkel verschiedener Bewirtschaftungskonzepte

Die Forstwirtschaft sieht sich in Zeiten des Klimawandels mit enormen Herausforderungen konfrontiert, welche von Elementarereignissen sowie steigendem Holzmarktdruck geprägt sind. Nichts desto trotz ist es Aufgabe einer gesamten Branche, vor allem in schwierigen Zeiten, den Blick in die Zukunft und auf die kommenden Hürden zu richten. Deshalb haben sich die Land&Forst Betriebe Steiermark entschieden, im Zuge eines Förderungsprojektes durch Unterstützung von Bund, Land und Europäischer Union, das Thema „Risikomanagement und Kohlenstoffspeicherung unter dem Blickwinkel verschiedener Bewirtschaftungskonzepte“ zu behandeln.

Die Fachexkursion sowie Waldbesichtigung fand im Waldbetrieb Ligist des Souveränen Malteser-Ritter-Orden statt. Unterstützt wurde die Exkursion mit anschließender Podiumsdiskussion durch hochkarätige Referenten, wie dem Wirtschaftsführer des Souveränen Malteser-Ritter-Orden Herrn OFM Dipl.-Ing. Clemens Spörk, dem Wissenschaftler und Experten für Kohlenstoffspeicherung im Wald Herrn Dipl.-Ing. Dr. Mathias Neumann (Universität für Bodenkultur in Wien) sowie einem honorigen Forstreferenten der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Steiermark Herrn Dipl.-Ing. Josef Krogger.

Die Exkursion startete mit der Waldbesichtigung sowie einer Begrüßung durch den Obmann der Land&Forst Betriebe Steiermark Ök.-Rat Carl Prinz von Croy, welcher in seinem Eingangsstatement betonte: „Jeder Waldeigentümer muss in Fragen des Klimaschutzes und der Kohlenstoffspeicherung im Wald absolut sattelfest sein und dies auch gut kommunizieren. Nur dann wird es uns gelingen, auch in 100 Jahren ohne ideologische Knechtschaft von unserem Wald zu leben.“

Moderiert wurde die Veranstaltung durch den Geschäftsführer des Verbandes Ing. Mag. Simon Gerhardter.

OFM Dipl.-Ing. Clemens Spörk, Wirtschaftsführer der bei der Exkursion besichtigten Waldflächen, erläuterte zu Beginn der Veranstaltung seinen Ansatz in Bezug auf die von ihm gewählte Bewirtschaftungsform eines Dauerwaldes im rund 3.500 ha großen Betrieb des Souveränen Malteser-Ritter Orden. Diese Bearbeitungsform des Waldes sieht Einzelstammentnahmen vor, nicht jedoch flächige Schlägerungen. Des Weiteren seien die Kalamitäten seit dieser Bewirtschaftung entgegen dem allgemeinen Trend in etwa gleichgeblieben und erhöhe dies die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Ebenfalls werden durch die aufkommende Naturverjüngung erhebliche Aufforstungskosten eingespart. Er ist von seinem Konzept der Waldbearbeitung aufgrund der geringeren Bodenbeanspruchung, der höheren Bio-/Blattmasse sowie der hohen Bestandsvitalität überzeugt, sieht jedoch keinesfalls in seiner Bewirtschaftung den „heiligen Gral“. Eine Überführung von Altersklassen- in Dauerwälder dauert Jahrzehnte und ist daher eine Generationenentscheidung.

Dipl.-Ing. Josef Krogger referierte im Forst an einer Überführungsfläche von Altersklassen- in Dauerwald. Er sieht den Schlüssel zum Erfolg in der Vielfalt und ist der Überzeugung, dass ökonomische Erfordernisse häufig zu einer Spezialisierung und Konzentration auf wenige oder gar ein spezielles Produkt führen. Damit sei jedoch ein weitaus höheres Risiko verbunden, so der Forstreferent. Seiner Ansicht nach brauchen Anpassungsfähigkeit und Resilienz eine breite Basis. Dieses Risiko erläuterte er an Hand der „EKG Walddrehscheibe“, welche in einem Ampelsystem die Faktoren Kronenprozent, Baumarten, vertikale Schicht sowie die Jahrringbreite bewertet. Letztlich ist er der Überzeugung, dass man keine Baumart verteufeln dürfe, es gehe viel eher um Risikostreuung sowie Vielfalt. Eine einzige Baumart sei immer ein Risiko, egal ob dies zum Beispiel die Fichte oder Buche ist.

Dipl.-Ing. Dr. Mathias Neumann beleuchtete vorrangig die Themen Kohlenstoffspeicherung in Boden und Baum und führte dazu aus, dass die Waldfläche und der Holzvorrat in Österreich seit Jahren zunehmen und dadurch etwa 15% der Treibhausgasemissionen unseres Landes ausgeglichen wurden, Tendenz sinkend. Dabei ist laut seinen Ausführungen mehr als die Hälfte des Waldkohlenstoffs im bzw. auf dem Waldboden gebunden. Er ist der festen Überzeugung, dass nachhaltige Waldbewirtschaftung sicherstellt, dass dieser Kohlenstoffpool erhalten bleibt. Die Bewirtschaftung würde uns hinzukommend einen zusätzlichen Kohlenstoffpool schaffen, indem langlebige Holzprodukte, wie Möbel oder Bauholz, produziert werden. Nach einer von ihm erläuterten Studie gebe es Anzeichen, dass in Dauerwaldstrukturen sogar eine höhere Kohlenstoffbindung im Boden erreicht werden kann.

Nach der Waldbegehung mit den Fachreferaten wurde zu einer Podiumsdiskussion beim Gasthaus „Der Klugbauer“ eingeladen. Dabei fand eine angeregte Diskussion statt.

Auf Nachfrage, ob in der Vielfalt der steirischen Forstwirtschaft ein Risiko oder eine Absicherung gesehen wird, wurde seitens der Referenten einhellig die Meinung vertreten, dass durch unterschiedliche Eigentümer, Bewirtschaftungsformen und Strategien, jedenfalls eine Art Risikostreuung erreicht werden würde. Debattiert wurde auch über die Anwendbarkeit einer Dauerwaldstruktur in steileren Lagen verglichen mit der des Souveränen Malteser-Ritter-Orden. Die Überführung kann laut Meinung von Dip.-Ing Josef Krogger sowie OFM Dipl.-Ing. Clemens Spörk grundsätzlich überall durchgeführt werden, die wirtschaftliche Seite müsse aber je nach Betrieb betrachtet werden.

Bei der Frage, ob eine Außernutzungstellung von Waldflächen hinsichtlich Kohlenstoffspeicherung und Risikomanagement sinnvoll wäre, äußerten sich sowohl Dipl.-Ing. Dr. Mathias Neumann als auch Dipl.-Ing. Josef Krogger äußerst kritisch.

Mehrmals wurde jedoch gefordert die Freiheit der Entscheidungen beim Grundeigentümer zu belassen und durch geförderte Maßnahmen einen freiwilligen Lenkungseffekt anzubieten.

Zusammenfassend wurde anhand des Waldbetriebes Ligist des Souveränen Malteser-Ritter-Orden ein Beispiel aufgezeigt, wie über Generationen eine Überführung von Altersklassen- in Dauerwald gut funktionieren kann. Hinsichtlich der Kohlenstoffspeicherfähigkeit gibt es erste Indizien, dass eine Dauerwaldstruktur geringfügig mehr Kohlenstoff im Boden binden kann. Diesbezüglich bedarf es jedoch weiterer Untersuchungen. Risikostreuung kann nur durch Vielfalt erreicht werden. Daher wurde die Freiheit des Waldeigentümers in den Mittelpunkt gerückt, waldbauliche Entscheidungen unter Einhaltung der forstrechtlichen Bestimmungen eigenverantwortlich setzen zu können.

Letztlich gebe es laut Gastgeber OFM Dipl.-Ing. Clemens Spörk keine pauschal richtige Bewirtschaftungsform, sondern nur eine „individuell richtige“. Priorität sei jedoch der „forstlichen Entscheidungsfreiheit“ einzuräumen.

Ing. Mag. Simon Gerhardter