Forstökonomische Tagung 2022

Zusammenfassung

Das war die Forstökonomische Tagung 2022

Bruck an der Mur, 3.11.

WALD UND HOLZ UND DEREN WERTE

Unter diesem - angesichts der derzeitigen weltpolitischen Lage und der daraus resultierenden Energiekrise - äußerst aktuellen Titel luden die Land&Forst Betriebe Österreich zur diesjährigen Forstökonomischen Tagung in die  HBLA für Forstwirtschaft in Bruck/Mur. Gerald Rothleitner begrüßte zahlreiche Waldbesitzer, Waldbewirtschafter sowie zahlreiche Forstexperten aus der Industrie und der Wissenschaft.

In seinem Eingangsstatement  verwies LFBÖ-Präsident Felix Montecuccoli zwar auf die aktuell gute Holzmarktsituation, warnte aber angesichts der aktuellen Energiekrise davor, Holz auf seine Rolle als Energieträger zu reduzieren und entsprechend zu vermarkten. Dies sei kurzfristig gedacht und mit einer nachhaltigen und in Generationen denkenden und agierenden Waldbewirtschaftung nicht vereinbar.


EFFIZIENZKENNZAHLEN

Walter Sekot (BOKU) wies in seinem Vortrag über Effizienzkennzahlen auf Irrlichter der forstlichen Betriebsabrechnung hin und zeigte auf, welche Kennzahlen in der Forstwirtschaft tatsächlich wahrheitsgetreu zu interpretieren sind.  

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HOLZBILANZ UND AKTUELLE MARKTSITUATION

Einen kompakten Überblick über die aktuelle Marktsituation auf dem Holzmarkt sowie Zahlen zur österreichischen Holzbilanz wie Einschlag, Außenhandel und Holzeinsatz gab Valerie Findeis von den Land&Forst Betrieben Österreich. Dabei betonte sie einmal mehr die Bedeutung der heimischen Holzwirtschaft für die österreichische Außenhandelsbilanz. Gleichzeitig seien zukünftige Prognosen aufgrund der aktuellen Weltlage sehr schwierig.

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NADELSÄGERUNDHOLZ - FUNDAMENT DER FORSTWIRTSCHAFT

Wertbestimmende Faktoren für das Nadelsägerundholz und die Kette der Weiterverarbeitung beleuchteten Johann Blinzer und Erwin Treml vom Holztechnikum Kuchl in ihrem Vortrag.

Sie informierten im Detail unter anderem über folgende Punkte:

  • Neben Italien und Deutschland sind der Levante (Nordafrika und hier v.a. Algerien) und Asien (v.a. Japan) als Exportländer tonangebend.
  • Die Sägeindustrie versucht eine Flexibilisierung in der Einschnitttechnik. Dafür sind Investitionen notwendig, v.a. eine Modernisierung der RH-Übernahme, der Einschnittmaschinen und der Hobeltechnik sowie einem Ausbau der Trocknungskapazitäten.
  • Mittlerweile werden auch wieder Sägewerke gebaut, um die Weiterverarbeitung zu gewährleisten.
  • Die Rohstoffverfügbarkeit wird mittel- bis langfristig schwieriger: der Kampf um den Rohstoff ist tagtäglich spürbar, da Sägewerke oft zu wenig Holz angeliefert bekommen, da viele Betriebe, die früher zulieferten, jetzt selbst weiterverarbeiten.
  • Die Nachfrage nach großen Trockenkammern steigt wieder. Dabei ist Energierückgewinnung gerade jetzt zusehend entscheidend, um wirtschaftlich am Markt bestehen zu können.
  • Die Standorte für BSH-Werke hat sich in Österreich in knapp 20 Jahren mehr als verdoppelt.
  • Enorme Investitionen gibt es auch in der Pelletsproduktion.
  • Wichtigste Faktoren für die wertbestimmenden Faktoren für das NSR-Holz und der Kette der Weiterverarbeitung sind die Holzqualität und die Holzdimension.
  • Der Holzeinsatz im Baumwesen dürfte weiter steigen (Klimaschutz, verdichteter Bau im urbanen Bereich, Systemlösungen).
  • Die Schnittholzexportquote ist eher rückläufig.
  • Die Investitionen der Sägeindustrie fokussieren auf Rohstoffsicherung (Flexibilisierung, Rückwärtsintegration) und Weiterverarbeitung (Brettschicht- und -sperrholz) mit zusätzlichen Leistungen (Abbund, Modulbauweise) bzw. vertikaler Integration.

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LAUBSÄGERUNDHOLZ - WERHOLZ ?

Maria Kiefer-Polz, Vizepräsidentin der EHP European-Hardwood Production GmbH mit Sitz in Deutschlandsberg, wies in ihren Ausführungen auf den Wert von Laubsägerundholz hin und gab einen Ausblick auf die europaweite Marktentwicklung.

Ausgangssituation Schnittholz & Märkte

  • Rumänien, Bosnien, Frankreich, Kroatien, Deutschland und Italien sind die größten Laubschnittholzproduzenten Europas.
  • Die Produktion von Laubschnittholz nahm 2021 um 11% gegenüber 2020 zu.
  • Diese positive Marktentwicklung setze sich im 1. Halbjahr 22 fort, auch weil erhöhte Energiekosten und erhöhte Logistikkosten noch an Kunden weitergegeben werden konnten
  • Das 2. Halbjahr 2022 startete mit eine Reihe von Herausforderungen:
    • Erneute Preiseerhöhungen: Rohstoffpreise und Energiekosten müssen an Kunden weitergegeben werden
    • Hohe Strompreise treffen energieintensive Produzenten
    • Zinsentwicklung, Inflationsentwicklung
    • Mitarbeitermangel: in Kroatien sind teilweise bereits Arbeiter aus Asien beschäftigt, die aber zuerst einmal eingeschult werden müssen.
    • Starke Verunsicherung am Markt
    • Die Industrie ist auf „Standby“
  • Die Laubschnittholz-EU-Exporte in Länder wie China (+5,4% - 1.HJ22 vs. 1.HJ 21 - und einem Marktanteil von 27,8%), Vereinigtes Königreich (+15,5% / MA 16,6%), Ägypten (+12,6% / MA 10,5%), Vietnam (+23% / MA 6,4%) und die USA (+10,7% / MA 5,3%) sind nachwievor wichtig: die „Werkbank Welt“ bleibt für Schnittholzproduzenten wichtig.
  • China hat mit sehr vielen Problemen zu kämpfen:
    • Verlangsamtes Wirtschaftswachstum
    • Die Lohnkosten werden immer teurer, daher viel Abwanderung nach Vietnam.
    • Der Häusermarkt befindet sich in einer Krise
    • Demographische „Zeitbomben“
  • Die Roteiche erlebt in Europa eine Renaissance und ist Exportschlager in die EU
  • Der Parkettmarkt erfuhr eine Produktion auf bisher nicht erfahrenem Level: 2021 wurden knapp 98 Mio m2 produziert (+9,7% vs. 2020)

Ausgangssituation Rundholz

  • Die Waldentwicklung in Europa pro Laubholz
    • Im Westen und Osten Europas überwiegend Laubholz-Zuwachs
    • Während der letzten 30 Jahre ist der Laubholzbestand stärker gewachsen als der Nadelholzbestand
    • 46% des europäischen Forstes ist überwiegend Nadelholz, 37% überwiegend Laubholz, der Rest Mix
    • Der Rundholz-EU-Export nach China ist in den letzten Jahren stark gestiegen, allein 2022 um knapp 10% vs. 2021
    • Russland hat mit seinem Exportverbot Einfluss auf diese Entwicklung

Abschließend nannte sie als gemeinsame Herausforderung, den Wert der Branche zu kennen und einer breiten Öffentlichkeit auch zu vermitteln: so kann jeder 17. in Österreich erwirtschafteter Euro direkt oder indirekt der Forst- und Holzindustrie zugerechnet werden. Der Wert des Produktes Holz wird immer mehr wahrgenommen, sowohl von den Konsumenten als auch der Politik. Und: Bauen mit Holz liegt im Trend!

Weiters gilt es, neue Märkte zu erschließen, die Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Holzarten mit Hilfe der Forschung zu optimieren und zu erweitern.

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FASERHOLZ, NICHT SÄGEFÄHIGES HOLZ UND RINDE

Wolfgang Gindl-Altmutter (BOKU) machte sich in seinem Vortrag Gedanken zur hochwertigen Nutzung von Faserholz und gab einen Einblick in deren vielfältigen Verarbeitungsmöglichkeiten und der universitären Forschungsprojekte in Österreich.

  • Holz eignet sich als hervorragendes Baumaterial im Vergleich zu anderen Werkstoffen. Sowohl was Masse, Kosten als auch Herstellungsenergie betrifft. Dazu kommt noch das Thema Nachhaltigkeit.
  • Mit Holznutzung zur nachhaltigen Bioökonomie.
  • Die Holztechnologie strebt danach, langlebige Produkte mit hoher Wertschöpfung zu erzeugen.
  • Die Vorteile von RINDE
    • Rinde ist ein strukturell und chemisch heterogener Rohstoff mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten
    • Rinde als hochwertige Ressource
    • Extraktnutzung:
      • Tannine => Gerbstoffe, Biopolymere (Klebstoffe, Schäume)
      • Verschiedene Antioxidantien => antimikrobiell, etc
      • Kohlenhydrate => Feedstock für biotechnol. Umwandlung
  • Die Rohstoffbasis für hochwertige Holzprodukte muss expandiert werden
  • Sämtliche Holzprodukte sollten in der Endstufe thermisch verwertbar sein

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ENERGIEHOLZ - TREIBSTOFF NEUER MARKTDYNAMIK?

Kasimir Nemestothy (LKÖ Energie ) ging in seinem Vortrag auf den österreichischen Holzmarkt und die Klima- und Energiestrategie ein.

  • Die aktuelle Energiekrise spiegelte sich auch in seinem Vortrag wider: die russische Invasion führte auch zu einer Explosion der Energiepreise und ein vollkommendes Chaos.
  • Aktuell herrscht eine Energiemangelsituation
  • In der Außenhandelsbilanz war Energie nach dem Tourismus der größte Devisenbringer.

Folgende Chancen zeigte er auf:

  • Mehr Schadereignisse durch Klimakrise führen zu einem höheren Anteil an Energieholz.
  • Weniger Fichte und mehr Laubholz führen ebenfalls zu einem höheren Anteil an Energieholz.
  • Genauso wie die Intensivierung der Waldbau- und Pflegemaßnahmen zur Erhöhung der Resilienz und zur Risikominimierung (klimafitte Wälder)
  • Sinkende Heizgradtagsummen, Intensivierung der Gebäudesanierung & Erneuerung des Kesselbestandes führen zu einem reduzierten Holzeinsatz in bestehenden & erneuerten Holzheizungen, Nahwärmeanlagen und KWK-Anlagen
  • Die Erhöhung der verfügbaren Energieholzmengen für neue Anwendungen fördern den Ausstieg aus (russischem) Erdöl & Erdgas

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WERTSTEIGERUNG DURCH WALDBAU

Norbert Putzgruber  von den Österreichischen Bundesforste gab einen Einblick, welche waldbaulichen Strategien der Österreichischen Bundesforste zur Wertsteigerung der Bestände führen und welche Behandlungskonzepte für die wichtigsten Holzarten einer Kosten-Nutzen Betrachtung standhalten.

  • Die Kiefer ist ein möglicher Ersatz für die Fichte, wenn auch nicht sehr beliebt.
  • Die Buche wurde bisher flächendeckend bewirtschaftet. Mit dem Projekt wurde in 20 Jahren eine qualitative Entnahme einzelner Bäume forciert, wobei schlechte Bäume nach und nach entnommen wurden und die guten auf der Fläche verblieben.
  • Herr Putzgruber stellte das Projekt RIVONA vor.
    • Ziele:
      • Eine Verringerung des Schadholzanteiles
      • Durch den Klimawandel bedingten Waldumbau umsetzen (Wald der Zukunft)
    • Ökonomische Betrachtung:
      • MINUS
        • Erhöhte Holzerntekosten durch geringe Entnahmemengen
        • Genaue Auszeige kostet Zeit
        • Weniger Endnutzungsmasse im Nadelholz
      • PLUS
        • Überproportionale Schadholzmengen in der 4. und 5. Altersklasse werden sukzessive abnehmen
        • Reguläre Nutzungen erzielen einen höheren Deckungsbeitrag im Vergleich zur ZV
        • Investition in „Wald der Zukunft“ durch beschleunigten Wald
        • Eine frühere und großflächige Einleitung der Naturverjüngung reduziert Pflanzkosten
        • Durch eine verbesserte Habitatqualität nimmt die Verbissbelastung merklich ab!
        • Frühe Förderung der Schattbaumart Tanne
        • Verbesserung der Holzqualität für künftige Endnutzung durch frühe Negativ-Auslese
        • Wertvoller Beitrag zur Erhöhung der Biodiversität

Zusammenfassend überwiegen die Pluspunkte des Projektes klar und dies spiegelt sich auch in Wirtschaftszahlen wider. Die volle Wirkung des Projektes wird nach rund 15 Jahren erwartet.

Herr Putzgruber präsentierte auch einen Kosten-Nutzen Betrachtung in Bezug auf Waldbau, Verjüngungsverfahren, keine Biomassenutzung auf sensiblen Standorten, Schälschaden, Jagderlös, Verjüngung und Entmischung und Naturschutzmaßnahmen.

Zusammenfassend stehen für ein derartiges Walbaukonzept Kosten in der Höhe von 8,3 Mio Euro einem Potential von 23,1 Mio Euro gegenüber.

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