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von Lukas Weber-Hajszan
Die Erwartungen an die neue Förderperiode der Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und den ab 2023 geltenden GAP Strategieplan (GSP) sind groß und vielseitig. Im Vordergrund stehen die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen, sowie der Schutz natürlicher Ressourcen, wie Wasser und Boden. Der Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel, ebenso die Luftreinhaltung sind oft genannte Ziele. Außerdem soll der GSP angemessene Einkommen für Landwirte sicherstellen, den ländlichen Raum für Bewohner und Besucher attraktiv halten, Innovationen unterstützen. Nicht zuletzt soll auch die Biodiversität erhalten und wiederhergestellt werden. Auf europäischer Ebene sind entsprechende Ziele in der Biodiversitätsstrategie mit der Erwartung, dass die jeweiligen nationalen GAP Strategiepläne dazu einen entsprechenden Beitrag leisten, dargelegt. Es klingt so, als ob die „Eierlegende-Woll-Milch-Sau“ gefunden wurde, um die vielen Zielsetzungen zu erreichen. Ist dies aber realistisch und wirken die vielen Vorgaben ineinander oder gegeneinander? Die Antworten dazu gibt es wohl erst in einigen Jahren. Konkret darstellbar ist jedoch, welche Möglichkeiten der GSP betreffend Biodiversität in Österreich bieten wird.
Flächenbezogene Maßnahmen und Konditionalität
Ein ganz wesentlicher Aspekt für die Erhaltung der Biodiversität sind Maßnahmen in der Fläche. Flächenbezogene Maßnahmen richten sich in erster Linie an Landbewirtschafter und können verpfl ichtend für alle sein (z.B. Naturschutzgesetze der Bundesländer) oder im Rahmen freiwilliger Verträge erfolgen. Die GAP schlägt immer stärker einen Mittelweg ein, indem sie im Rahmen der Grundanforderungen für die Betriebsführung (GAB) bestehende Verpflichtungen mit dem Erhalt von Zahlungen verknüpft (z.B. GAB 3: Einhaltung der Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie und GAB 4 Einhaltung der Fauna/Flora/Habitatrichtlinie), oder im Rahmen der Vorgaben zum guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) neue Verpflichtungen festlegt (z.B. GLÖZ 2: Schutz von Feuchtgebieten und Torfflächen oder GLÖZ 8: Anlage von Brachflächen oder Landschaftselementen im Umfang von mindestens 4 Prozent der Ackerfläche). Die GAB und GLÖZ Vorgaben bilden gemeinsam die sogenannte Konditionalität und sind eine Voraussetzung für Flächenzahlungen im Bereich der Landwirtschaft. Die Konditionalität ist ein wesentliches Element die Umweltwirkung der GAP zu erhöhen. Freiwillige Leistungen, die über die mit der Konditionalität festgelegte Baseline hinausgehen, werden in Österreich im Rahmen des ÖPUL angeboten.
Freiwillige Leistungen – und was es zu beachten gilt:
• Ausgleichszahlungen für geringere Erträge, Mehraufwendungen oder zusätzliche Kosten, die mit der Einhaltung der Auflagen einhergehen. Es muss zwar eine positive Umweltwirkung eindeutig nachweisbar sein, aber es ist weiter nicht zulässig einen gesellschaftlichen oder ökologischen Wert an und für sich abzugelten.
• Unterstützung der genetischen Vielfalt in Form von gefährdeter Nutztierrassen (z.B. Waldviertler Blondvieh, Waldschaf oder Turoplje Schweine) oder seltener Kulturpflanzen (z.B. Attergauer Dinkel, Gleisdorfer Edelmais oder Erdäpfelsorte Ackersegen).
• Aufwertung der Leistung zur Erhaltung punktförmiger Landschaftselemente, insbesondere Streuobstbäume im Rahmen der Maßnahmen UBB und Bio.
• Aufwertung der Biodiversitätsflächen im Rahmen der Maßnahmen UBB und Bio durch Anhebung des Mindestprozentsatzes auf 7 Prozent, im Sinne der Biodiversität verbesserten Pflegeauflagen und Vorgaben zu den Saatgutmischungen, sowie Anhebung der Obergrenze für die Abgeltung von Biodiversitätsflächen auf 20 Prozent. Hier wird mit einer deutlichen Zunahme der Biodiversitätsflächen um mehr als 50 Prozent gerechnet.
• Zusätzlich besteht künftig sowohl im Acker als auch im Grünland die Möglichkeit, Biodiversitätsflächen mit artenreichen, regionalen Saatgutmischungen (mind. 30 Arten aus 7 Pflanzenfamilien) neu einzusäen.
• In ÖPUL-Schulungen mit Biodiversitätsschwerpunkt werden wichtige Informationen zur Neueinsaat der Blühflächen, zur Wahl des geeigneten Standortes und Auswahl der Bewirtschaftungsoptionen vermittelt und praxisorientierte Tipps und Empfehlungen für die Pflege von Biodiversitätsflächen gegeben.
• Ausweitung der Naturschutzmaßnahme auf Almflächen.
• Spezifische Verbesserungen bei Auflagen, Prämiensätzen und deutliche Anhebung der Obergrenze pro Schlag jedenfalls auf 1.200 Euro/ha im Rahmen der Naturschutzmaßnahme.
• Stärkung der Ergebnisorientierung im Naturschutzbereich durch das Angebot einer eigenen Maßnahme, in der durch die Auseinandersetzung mit Zielen und fachlichen Gründen für Bewirtschaftungsmaßnahmen und durch eine starke Bewusstseinsbildungskomponente Eigenverantwortung und Fachkompetenz der Bewirtschafter in den Vordergrund gestellt werden.
• Regionale Ansätze und das Lernen voneinander werden durch die Möglichkeit entsprechende Projekte umzusetzen gestärkt. Ansätze wie den „regionalen Naturschutzplan“, „Biodiversitätsmonitoring durch Landwirte“, Bewusstseinsbildung und Kommunikation zwischen den ÖPUL Teilnehmern.
• Wichtige den Artenreichtum fördernde Instrumente des GAP-Strategieplans sind außerdem Projektmaßnahmen zur Erstellung und Umsetzung von Managementplänen, der Entwicklung von Innovationen zum Biodiversitätsschutz, oder zur Finanzierung von regionalen Betreuungsnetzwerken und Kooperationen für Naturschutzinitiativen und Bildungskampagnen im Biodiversitätsbereich.
• Es werden auch neue Maßnahmeninhalte wie Lichtäcker im Getreide (Getreide in doppeltem Reihenabstand Reihenabstand mit temporärem Befahrungsverbot), die spezifische Förderung artenreicher Grünlandbestände in Gunstlagen oder die Neuanlage von sogenannten Mehrnutzungshecken (Hecken mit Obstbäumen, Sträuchern und krautigen Bereichen) angeboten.
Informationsangebote nutzen
Um die eingangs dargestellten Zielsetzungen möglichst zu erfüllen werden im österreichischen GAP Strategieplan in Summe rund 100 verschiedene Interventionen (Maßnahmen) angeboten. Es ist erkennbar, dass hier ein ausdifferenziertes, komplexes Angebot und Regelwerk vorliegt. Nach der Auswahl von individuell passenden Maßnahmen sollte die Umsetzung am Betrieb aber mit überschaubarem Aufwand verbunden sein. Damit dies gelingt, wird es wieder umfassende Informationsangebote der Landwirtschaftskammern und der AMA geben. Der zur Genehmigung bei der Europäischen Kommission eingereichte Plan ist unter GAP-Strategieplan bei der Europäischen Kommission eingereicht (bmlrt.gv.at) einzusehen. Aus diesen Unterlagen sind die genauen Bedingungen und Prämienhöhen ablesbar. Auf Basis spezifischer Evaluierungen der bisherigen ÖPUL Programme, werden die vorgeschlagenen Maßnahmen einen positiven Einfluss auf die Biodiversität haben. Entscheidend dafür wird aber schlussendlich die Maßnahmenakzeptanz sein, die in den Händen der Bäuerinnen und Bauern liegt.
MR DI Lukas Weber-Hajszan, geboren 1965 in Wien, ist seit 1994 im Ministerium und Abteilungsleiter der "Abteilung II/3 - Agrarumwelt, Bergbauern und Benachtteiligte Gebiete, Biologische Landwirtschaft" im BML. Das ÖPUL 23+ ist das 6. ÖPUL-Programm, das er mitgestalten durfte. Er selbst bezeichnet dieses neben dem ÖPUL 95, das für alle neu war, als die größte Herausforderung.