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Neue BFW- und ZAMG-Studie
Mit dem Rücken am Waldboden liegend fragt sich der Erholungssuchende, wie stark der Wald wohl belaubt ist. Das ist auch mit vielen modernen Messmethoden schwer zu erheben, ebenso wie sich die Belaubung über das Jahr verändert. In einer neuen Studie des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) und ZAMG wird eine neue Methode vorgeschlagen, bei der die Erholungsleistung des Waldes zur Bestimmung genutzt wird. Die Ergebnisse wurden im Wissenschaftsjournal „Frontiers in Forests and Global Change“ veröffentlicht.
Die Belaubung wirkt sich maßgeblich auf die Holzproduktion eines Baumes aus. Denn über die Blätter und Nadeln werden Wasser, Energie und Gase (Kohlendioxidaufnahme und Sauerstoffabgabe) mit der umgebenden Atmosphäre ausgetauscht, ohne Laub keine Photosynthese. Beschrieben wird die Belaubung meist durch den sogenannten Blattflächenindex. Er gibt das Verhältnis zwischen Laub- bzw. Nadelfläche und der darunterliegenden Waldfläche an. Erschwert wird die Erfassung der Belaubung durch die starken jahreszeitlichen Schwankungen: Setzt die Belaubung im Frühjahr durch günstige klimatische Bedingungen zeitiger ein, verlängert das die Wachstumsperiode. Der gegenteilige Effekt tritt ein, wenn etwa aufgrund von Trockenheit der Laubabwurf früher einsetzt.
Hoher Messaufwand
Den Blattflächenindex kann man beispielsweise mit hemisphärischen Fotografien (Bild) messen. Mit Hilfe einer speziellen Software wird aus so einem Bild die Blattfläche ermittelt. „Dies ist es jedoch nur unter hohem Messaufwand realisierbar“, meint Hauptautorin Anita Zolles vom BFW. Forscher vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) haben sich nun diesem Problem in einer Studie gewidmet. Die Idee dahinter: Lässt sich eine Messgröße nur schwer bestimmen, muss man sie eben mit Hilfe von Parametern beschreiben, die leichter messbar sind. Eine große Auswahl davon steht auf den vom BFW betreuten Flächen des europäischen Waldmonitorings (ICP Forests-Initiative) zur Verfügung. Diese 16 Intensivbeobachtungsflächen in Österreich liefern neben chemischen Analysen zu Nadelgehalten, Bodeneigenschaften und dem Baumwachstum auch meteorologische Daten zum Bestandesklima. Fokus der unlängst erschienenen Studie ist ein Buchenwald in Klausen-Leopoldsdorf im Zeitraum 2011-2019.
Temperaturmaximum als Indikator
Als Indikator für den Zustand der Belaubung verwendeten die Forscher das Temperaturmaximum, genauer gesagt: Die Differenz des Maximums von Freiland und Bestand. Ist die Belaubung gering, kann ähnlich viel Strahlung wie im Freiland durch die Krone hindurchdringen und die Waldluft erwärmen – die Maxima unterscheiden sich nur wenig. Ist die Belaubung stark ausgeprägt, so wie es in den Sommermonaten der Fall ist, sind die Unterschiede dementsprechend größer. Im mittleren Jahresverlauf dieser Maximadifferenz (Grafik) zeigen sich zwei nahezu konstante Phasen. Vom 21. November (Tag 325) bis zum 5. April (Tag 95) ist die Differenz minimal, da der Bestand in diesem Zeitraum unbelaubt ist. Vom 9. Juni (Tag 160) bis zum 28. August (Tag 240) ist der Unterschied der Maximatemperaturen am größten, da das Blattwachstum abgeschlossen und die Belaubung somit voll ausgeprägt ist. Zwischen diesen Phasen finden das Blattwachstum und die Entlaubung statt.
Auch phänologische Beobachtungen zur Blattentfaltung und Entlaubung wurden miteinbezogen: Die Daten dazu stammen aus dem PhenoWatch-Programm der ZAMG, bei dem insbesondere Citizen Scientists dazu aufgefordert sind, Beobachtungen über phänologische Phasen verschiedenster Pflanzenarten zu melden. Ein Vergleich der PhenoWatch-Beobachtungen mit den Temperaturdifferenzen zeigt, dass die Maximadifferenz sehr gut mit den phänologischen Beobachtungen übereinstimmt. „Somit ergibt sich, dass über die Maximadifferenz eine kontinuierliche Schätzung des Blattflächenindex möglich ist. Die Erkenntnisse können etwa dafür genutzt werden, die Auswirkungen des Klimawandels auf Laubentwicklung und -abwurf sowie den Einfluss von Klimaextremen auf den Belaubungszustand näher zu untersuchen“, interpretiert Meterologin Anita Zolles die wichtigsten Ergebnisse.
An heißen Tagen 5 °C weniger im Wald
Im Zuge der Studie wurde auch die Erholungsleistung des Waldes untersucht. An Tagen mit voller Belaubung ist es im Wald um rund 4 – 5°C kälter als außerhalb. Bei einem Freilandmaximum von 30 °C werden im Wald im Schnitt also nur zwischen 25-26 °C gemessen. Gerade in Zeiten des Klimawandels, durch den Hitzeperioden länger und Hitzetage häufiger werden, hebt dieses Ergebnis einmal mehr den großen Mehrwert des Waldes als Erholungsort hervor.
Christian Lackner, BFW, christian.lackner(at)bfw.gv.at
Thomas Wostal, ZAMG, thomas.wostal(at)zamg.ac.at
Link zur Studie:
https://doi.org/10.3389/ffgc.2021.768085
Österreichisches Waldmonitoring:
www.waldmonitoring.at
Europaweites Waldmonitoring:
https://icp-forests.org
PhenoWatch:
https://www.phenowatch.at